Vereinsgeschichte

Die Geburtsstunde des Segelclub „Ahoi“ e. V. Schleswig schlug am 24.03 1928. Der Grundstein wurde allerdings schon 2 Jahre früher gelegt, als nämlich 3 aktive Turner und Mitglieder der Freien Turnerschaft Schleswig FTS, die Brüder Ernst und Adolf Stribirski ( Joost ) und Johannes Raup einen ausgedienten Fischerkahn zu einem Segelboot umbauten und trotz anfänglicher Schwierigkeiten große Freude am Segelsport fanden.

Schon bald fanden zahlreiche Sportfreunde der FTS ebenfalls Gefallen am Wassersport und als die Flotte auf 7 Segel – und 3 Paddelboote angewachsen war, wurde am 24. 03 1928 die Wassersportabteilung der Freien Turnerschaft Schleswig gegründet. Zum Abteilungsleiter wurde Ernst Joost gewählt.

Erklärtes Ziel der Wassersportabteilung war es, den Segelsport allen Schleswiger Bürgern, vor allem der Arbeiterklasse zu ermöglichen. Das Segeln sollte ein Volkssport werden, an dem die ganze Familie teilhaben und Freude und Erholung finden konnte, denn damals war Segeln noch ein ausgesprochener Herrensport.

Die Wassersportabteilung entwickelte sich rasch. 1931 bestand die Flotte bereits aus 10 Segelbooten und eben so vielen Paddelbooten. Die Segelboote lagen an Pfählen und Bojen in der Nähe des Stadthafens. Im Winter waren sie auf Höfen oder in Schuppen im Stadtgebiet verstreut untergebracht. Die Paddelboote mussten nach jedem Törn mit nach Hause genommen werden.

Da die mangelhafte Unterbringung und vor allem der schwierige Transport der Boote ins Winterlager und zurück auf Dauer unbefriedigend war, gründeten 22 Mitglieder der Wassersportabteilung 1931 die Bootshausgemeinschaft Ahoi. Es wurde umgehend der Bau eines Bootshafens und eines Bootshaus auf einem städtischem Pachtgrundstück in den Königswiesen beschlossen. Noch im gleichen Jahr konnte mit dem Bau begonnen werden. Bereits 1932 war die gesamte Anlage fertiggestellt. Die gesamte Anlage wurde ausschließlich in Eigenleistung, als Gemeinschaftsarbeit erstellt. Die Finanzierung erfolgte mittels eines privaten Darlehens in Höhe von 1350 RM, für das alle Mitglieder mit ihrem gesamten Hausrat bürgten – natürlich ohne Wissen ihrer Ehefrauen. Es ist besonders zu würdigen, dass die Leistung in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Zeit vollbracht wurde. Viele Mitglieder waren arbeitslos und der durchschnittliche Wochenlohn eines Handwerkers betrug auch nur etwa 20 RM. Geld auf der hohen Kante besaß keiner von ihnen, dafür aber einen unbändigen Drang zum Wassersport. Ihr Kapital war ihre Arbeitskraft. Unter welchen Opfern der Einstieg in den Segelsport erfolgte, mag auch an folgendem Beispiel deutlich werden: Ein Sportfreund hatte ein kleines heruntergekommenes Segelboot zum Preis von 30 RM erstanden, das er jedoch nur in monatlichen Raten von 3,00 RM abzahlen konnte. So wie er haben viele Sportfreunde sich den Segelsport buchstäblich vom Mund abgespart. Von „Herrensport“ konnte bei den „Ahoiern “ also nicht die Rede sein.

Die Boote waren anfangs vielfach gebrauchte Fahrzeuge, wie ausgemusterte Marinekutter oder ausgediente Rettungsboote aus der Berufsschifffahrt. Mit gegenseitiger Hilfe wurden daraus schnittige Yachten gebaut. Die Boote erhielten feste Decks und gemütliche Kajüten; es wurden Kiele aus Bleischrott gegossen und untergebaut und die damals noch vorherrschenden Gaffelriggs wurden durch moderne Hochtaklungen ersetzt. Die Masten dafür wurden in einer selbstgebauten Dampfanlage gebogen. Die Anlage war zwar aus Teerfässern vom Schrottplatz hergestellt worden, sie war aber mit Manometer und Dampfpfeife ausgerüstet.

Mit der Zeit kamen aber auch Segelboote hinzu, die für diesen Zweck gebaut waren. Aber auch sie wurden häufig noch baulich verändert. So z. B. die Eckernförder Küstenjollen, die als offene Schwert-boote konstruiert waren. Sie wurden zu Kielbooten mit Kajüte umgebaut.

Gesegelt wurde überwiegend mit der Familie auf der Schlei. Es wurden aber auch Fahrten nach Eckernförde und nach Kiel oder auch nach Dänemark unternommen, um sich mit gleichgesinnten Seglern zu treffen und Erfahrungen auszutauschen, oder sich in Regatten zu messen. Häufig wurden solche Fahrten gemeinsam mit mehren Booten gesegelt. Das erhöhte die Sicherheit und förderte gleichzeitig den Zusammenhalt und die Geselligkeit, die schon bei der FTS einen hohen Stellenwert hatte.
Immer wenn die Ahoier sich am Schleiufer zusammenfanden, herrschte „Frohsinn, Sang und Lautenklang“, wie Hermann Clausen es in seinem „Schlieleed“ besingt. Die Ziehharmonika und die Laute waren bei jeder Fahrt an Bord.

Das jährliche Ansegeln entwickelte sich zu einem beliebten Fest, an dem bis zu 120 Mitglieder der FTS teilnahmen.

Aber schon bald zogen dunkle Wolken am politischen Himmel auf, deren verheerende Wirkung der Ahoi schon bald schmerzlich erfahren sollte: 1933 geriet die Freie Turnerschaft Schleswig zunehmend unter Druck der nationalsozialistischen Regierung. Als ihre Zwangsauflösung erkennbar bevorstand, löste sich auf Anraten des Arbeitersportbundes die Wassersportabteilung von der Freien Turnerschaft Schleswig und gründete am 14.04.1933 den Segelclub „Ahoi“ e. V. Schleswig. 1. Vorsitzender wurde Jörgen Andersen. Es war ein verzweifelter Versuch, das Bootshaus vor dem Zugriff der Nazis zu retten. Der Rettungsversuch mißlang jedoch; das Bootshaus und der Hafen wurde von der SA beschlagnahmt und der SC Ahoi wurde „gleichgeschaltet“ – d. h. verboten. Nur der Hilfe des damaligen Bürgermeisters, der selbst Segler und Mitglied im Schlei -Segel-Club war, ist es zu verdanken, dass die Bootshausgemeinschaft nach relativ kurzer Zeit ihr Eigentum zurück bekam. Er sorgte auch dafür, dass alle „Ahoier “ Mitglied im SSC werden konnten und dass die Bootshaus- gemeinschaft Ahoi erhalten blieb. Segelsportliche Verbundenheit hatte eine abgrundtiefe politische Kluft überwunden.

Aber schon nach kurzer Zeit traf den SC “ Ahoi„“ ein neuer Schicksalsschlag:1935 wurde die Militäranlage auf der Freiheit, Schleswigs damaliges Naherholungsgebiet, gebaut. Als Ersatz wurde auf den Königswiesen ein neuer Badestrand auf – und der Hafen der „Ahoier“ dabei dichtgespült. Die mit viel Idealismus, Mühe und Arbeit erbaute Anlage war als Bootshafen nicht mehr zu gebrauchen und so stand man 1935 erneut vor der Frage, noch einmal ein Bootshaus zu bauen – jetzt aber mit der Angst vor einer ungewissen Zukunft im Nacken.

Die Gewissheit einer unerschütterlichen Kameradschaft und der feste Wille, den geliebten Wassersport unter allen Umständen auch weiterhin zu betreiben, gab ihnen den Mut und die Kraft zu einem Neubeginn. In zähen Verhandlungen, die bei den damaligen Machtzuständen besonders schwierig waren, wurde von der Stadt Schleswig ein Ersatzgrundstück am Luisenbad angeboten. Die Stadt erklärte sich außerdem bereit, das Bootshaus in den Königswiesen für 7500 RM, 25 cbm Schlacke und 50 cbm Kies zu übernehmen. Außerdem sollte die städtische Handramme unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Das Angebot wurde angenommen und es wurde unverzüglich mit der Planung begonnen. Auf Anregung der Stadt schlossen sich die beiden älteren Segelvereine SSC und SVS, die bisher noch keinen richtigen Heimathafen gefunden hatten, sowie die Domschulruderriege an. Durch die gemeinsame Planung am Luisenbad entstand am inneren Schleibecken ein beispielhaftes, stadtbildprägendes Wassersportzentrum, das nach dem Kriege noch durch weitere Wassersportvereine, dem Schleswiger Kanu Club Haithabu, dem Slesvig Roklub und dem Domschul Ruder Club ergänzt wurde.

Noch im gleichen Jahr wurde mit dem Bau des 2. Bootshauses begonnen. Es wurde größer und schöner als das erste und erhielt sogar ein Clubzimmer in einer Ecke der Bootshalle. Auch eine Brücke und eine Slipanlage wurden gebaut. Die neue Anlage wurde wieder weit überwiegend in Eigenleistung hergestellt und finanziert mit dem Erlös aus dem 1. Bootshaus, ergänzt durch ein Sparkassendarlehen in Höhe von 1000 RM – von einem Mitglied privat aufgenommen.

1936 wurde die neue Anlage fertig und bot Platz für ca. 25 Boote – im Sommer und im Winter. Die neue Anlage ermöglichte es den „Ahoiern“ trotz des Vereinsverbots ihr eigenes Vereinsleben weiter zu führen, gleichzeitig aber auch aktiv am Clubleben des SSC teilzunehmen.

Der 2. Weltkrieg erschütterte auch den Wassersport auf der Schlei. Es durfte zwar noch gesegelt werden, aber nur mit erheblichen Einschränkungen. Die Schlei wurde in Schleimünde gesperrt und die Kontakte zu dänischen Segelfreunden brachen ab. Die Bootshäuser, auch die des SSC und der SVS, mussten in den Sommermonaten der Marine – Hitlerjugend zur Verfügung gehalten werden. Paddelboote durften während der Sommermonate nur noch von Eigentümern untergebracht werden, die Mitglied in den Bootshausgemeinschaften waren.

Die schwersten Jahre kamen aber erst nach dem Kriegsende. Die Zeit der „nationalen Umerziehung“ und die Kriegsjahre waren gemeinsam mit dem SSC einigermaßen glimpflich überstanden, aber jetzt kamen die britischen Befreier und beschlagnahmten kurzerhand die Bootshäuser und alle Boote. Das Befahren der Schlei wurde Deutschen verboten und die Segler durften nicht einmal in die Nähe ihrer Bootshäuser kommen. Erst 1947 wurden die Bootshäuser und die meisten Boote wieder freigegeben. So manches Boot hatte aber durch unsachgemäße Behandlung nicht unerheblichen Schaden davongetragen.

Nachdem die Militärregierung im Herbst 1945 die Gründung von Sportvereinen wieder erlaubt hatte, wurde am 25 09 1945 einstimmig die Trennung vom SSC und die Neugründung des Segelclub „Ahoi“ e. V. Schleswig beschlossen. Zum 1. Vorsitzenden wurde Jörgen Andersen gewählt. Bereits nach kurzer Zeit gab er jedoch das Amt wieder ab, um „alle möglichen Reibungsflächen mit Behörden zu vermeiden“. An seine Stelle wurde Hermann Clausen gewählt, der jedoch als Bürgermeister der Stadt Schleswig schon bald voll ausgelastet war, und das Amt 1947 wieder abgab. 1947 wurde Reinhard Maas zum 1. Vorsitzenden gewählt und blieb es bis 1960. Ihm folgten Heinz Schulz bis 1971 und Fred Raup, noch heute im Amt.

Der SSC zeigte für die Trennung der Vereine Verständnis. Das freundschaftliche Verhältnis blieb erhalten und besteht auch noch heute. Es wurde durch eine Reihe gemeinsamer Veranstaltungen und durch die gemeinsame Lösung anstehender Probleme im Laufe der Jahre noch intensiviert. Zum SSC besteht eine Nachbarschaft, die nicht besser sein könnte.

Langsam normalisierten sich die Verhältnisse und für den SC „Ahoi “ begann eine neue Blütezeit. Die Mitgliederzahl stieg und mit ihr auch die Zahl der Boote. Schon 2 Jahre nach der Freigabe des Bootshauses wurde es in der Bootshalle zu eng Das Clubzimmer wurde durch den Anbau einer Veranda an der Wasserseite des Grundstückes ersetzt, um Platz für mehr Boote in der Halle zu schaffen. 5 Jahre später, 1954, folgte eine dringend notwendige Erweiterung der Bootshalle an der Ostseite. 1972 reichte auch der Außenlagerplatz nicht mehr aus und die Veranda musste beseitigt werden. An der Südgrenze wurde ein neuer Clubraum und neue, zeitgemäße Sanitäranlagen errichtet. 1966 / 67 waren auch die bereits mehrfach verlängerte Brücke und die Slipanlage vollständig erneuert worden.

Alle hier aufgezählten Bauvorhaben und die laufenden Unterhaltungsmaßnahmen wurden wie üblich in Gemeinschaftsarbeit erledigt. Alle Mitglieder hatten stets mit vollem Einsatz ihre Kräfte, ihre Kenntnisse und ihre Fähigkeiten in den Dienst des SC „Ahoi“ gestellt. Durch jedes gemeinsam geschaffenes Werk wurde auch die Gemeinschaft noch weiter gefestigt.

Der sportliche Schwerpunkt liegt auch heute noch im Fahrtensegeln mit der Familie. An Wochenenden meistens auf der Schlei – Deutschlands schönstem Segelrevier – , Urlaubsfahrten führen in dänische und mecklemburgische Gewässer, aber auch nach Norwegen, Schweden und Finnland.

Regatten werden zur Zeit nur noch clubintern veranstaltet. Etliche „Ahoier“ nehmen aber gern an Regatten anderer Vereine, nicht nur auf der Schlei, teil; sogar beim Strandsegeln oder beim Eissegeln im Winter. Der SC “ Ahoi “ hat an der Veranstaltung vieler bedeutender Regatten mitgewirkt, wie z. B. an der legendären Schleiwoche, einigen Landes-Jüngstenmeisterschaften, internationalen H-Boot- und Folkebootmeisterschaften und der offenen Deutschen Meisterschaft 2000 im Behinderten-Segeln mit vielen internationalen Teilnehmern, da diese Wettfahrten gleichzeitig für die Teilnahme an den paraolympischen Spielen in Australien von großer Bedeutung waren. Auch in Zukunft wird er befreundeten Vereinen gern bei derartigen Veranstaltungen zur Seite stehen.

Der SC „Ahoi “ war auch an der Rettung des idyllischen Seglerhafens Schleimünde beteiligt, den die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung aufgegeben hatte und mit dessen Abbruch sie unnötigerweise bereits begonnen hatte. Er hat 1998 den Förderverein „Naturnaher Wasserwanderplatz Schleimünde“, der den Hafen jetzt zur Freude vieler in -und ausländischer Segler weiter betreibt, mit gegründet und ist im Vorstand des Fördervereins vertreten.

Da das Gelände des SC “ Ahoi “ an beiden Seiten durch Nachbarvereine begrenzt wird, waren nach den letzten Baumaßnahmen 1972 die Unterbringungskapazitäten an Land und auf dem Wasser erschöpft und es musste sogar für einige Jahre eine Aufnahmesperre beschlossen werden. Die Mitgliederzahl hat sich daher seitdem nur unwesentlich verändert. Sie beträgt etwa 150 Mitglieder, eine Größe, die den familiären Charakter des Vereins noch gut bewahren lässt.

66 Boote sind im SC “ Ahoi “ registriert, davon liegen 40 Boote an unserer Brücke in Schleswig.

75 Jahre sind nun vergangen, seit Ernst Joost und seine mutigen Sportkameraden die ersten Schritte zur Gründung unseres Vereins wagten. Dafür gedenken wir ihrer in Dankbarkeit. Sie waren Pioniere des Segelsports für Jedermann und haben in Schleswig bewiesen, dass Segeln kein Herrensport sein muss.

Viele Stürme sind seit der Gründung über den SC „Ahoi “ hinweggebraust und so manch gefährliches Kap musste umsegelt werden. Die Liebe zum Wassersport, die Einsatzbereitschaft und Opferbereitschaft sowie die feste Kameradschaft haben aber stets das angepeilte Ziel erreichen lassen und das geschaffen, was wir heute besitzen.

Mögen diese Tugenden unseren Verein auch in Zukunft begleiten zum Wohle des Segelclub “ Ahoi “ e. V. Schleswig.
Fred Raup